„KI in der Bildung – zwischen Hype, Hoffnung und Herausforderung“

Internationales Bodenseetreffen 2025

Vom 20.-21. September 2025 fand unter dem Titel „KI in der Bildung – zwischen Hype, Hoffnung und Herausforderung“ das 63. Internationale Bodenseetreffen der Lehrkräfte an höheren Schulen am Liechtensteinischen Gymnasium in Vaduz statt, an dem mehr als 80 Personen aus Deutschland, Liechtenstein, Österreich und der Schweiz teilnahmen. Im Zentrum des diesjährigen Treffens standen drei Vorträge, die sich alle um das Thema „KI in der Schule“ drehten, eine sehr aktuelle Fragestellung.

Mit den Referenten Prof. Dr. Dominik Petko (Professor für Allgemeine Didaktik und Mediendidaktik an der Universität Zürich), Ingo Leipner (Diplom-Volkswirt und Journalist) sowie Florian Nuxoll (Gymnasiallehrer Englisch/Gemeinschaftskunde) konnten drei sehr unterschiedliche Zugänge zum Thema aufgezeigt werden, was einen breiten Spannungsbogen kreierte.

Zu Beginn am Samstag begrüßte die liechtensteinische Kollegin Rahel Schönenberger die Teilnehmer in der Aula, dann folgten Grußworte des Schulleiters Eugen Nägele und des Bildungsministers Daniel Oehry.

Der erste Redner, Prof. Dr. Dominik Petko, stellte in seinem Beitrag „Künstliche Intelligenz macht Schule: Und was macht die Schule?“ drei Fragen: „Sollten wir uns Sorgen machen?“, „Was meinen die Schülerinnen und Schüler?“ und „Wie geht es weiter?“. Naturgemäß könne eine Voraussage für die Zukunft nicht gemacht werden, dafür sei die Situation zu komplex, eine differenzierte Sicht auf punktuelle Positiv- und Negativpunkte sei erforderlich. Eine starke Verschiebung des Automatisierbaren nimmt zwar Arbeit ab, birgt aber auch große Fehlerrisiken. Genau dies müsse der Schülerschaft dargelegt werden: Der Algorithmus eines Large Language Models berechnet nur das nächste wahrscheinliche Wort aufgrund von unzähligen Trainingstexten – und enthaltene Sachaussagen können damit oft auch inkorrekt sein. Den Schülern müsse das Bewusstsein für diese Unsicherheit geschärft werden, dazu bedarf es viel Wissen. „Menschen sind Werkzeugwesen – KI kann produktiv genutzt werden, um das Lernen zu unterstützen, sie darf aber nicht das Lernen abnehmen!“

„KI – Angriff auf das Bewusstsein. Eine Kritik der künstlichen Vernunft“ war das Thema von Ingo Leipner, der die Delegation von Aufgaben und Lösungen an die KI verglich mit dem Verzicht auf Training im Sport, das ja eigentlich den Aufbau von Muskelmasse zum Ziel hat. So verbessere geistige Anstrengung und Forderung den Aufbau neuronaler Verbindungen zwischen den Nervenzellen im Gehirn, besonders bei Kindern und Jugendlichen gelte für das vernetzte Denken: „Use it or loose it!“ Analoges Lernen unter Einsatz von Herz, Hirn und Verstand, handlungsorientierte Pädagogik sei der verantwortungsvolle Weg in die Zukunft. Leipner führte Studien des MIT (Massachusetts Institute of Technology) an, die zeigten, dass die kognitive Leistungsfähigkeit bei Verwendung von Sprachmodellen deutlich hinter der zurückblieb, die beim eigenen Arbeiten ohne solche Hilfsmittel erzielt werden konnte. Daher sein Appell: Eigentätigkeit fördern und fordern bringt bessere Resultate!

Zwischen den beiden Vorträgen fand eine kurze Pause statt, in der es Kaffee und Kuchen gab, wobei der Kuchen von der Schülerorganisation SOS des liechtensteinischen Gymnasiums organisiert wurde. Abgerundet durch ein tolles Kulturprogramm in Vaduz – Führung durch das Landesmuseum und Besuch des Landtagsgebäudes – fand der erste Tag des Bodenseetreffens dann seinen Abschluss in einem gemeinsamen Abendessen, das viel Raum für Gespräche und die Pflege neuer und alter Kontakte zwischen den beteiligten Ländern bot.

Am Sonntag kam mit Florian Nuxoll ein Lehrer mit viel Erfahrung auf die Bühne, der von seiner schulischen Praxis berichtete. Sein Titel: „KI – Ein Hype, der bleibt!? Ein- und Ausblicke in die Praxis“. Er nannte sich selbst „pragmatischer Enthusiast mit einer ausgeprägten Skepsis“, was den Einsatz von KI im Unterricht und als Unterstützung der Arbeit von Lehrkräften angeht. KI werde das Bildungssystem nachhaltiger verändern als jede andere Innovation seit Einführung der allgemeinen Schulpflicht, so seine Einschätzung. Mit vielen eindrucksvollen Beispielen zeigte er spannende Anwendungen auf, bei denen KI hilfreich sein kann, Beispiele siehe https://medienwelten.schule/, Stichpunkt KI Liechtenstein. Dabei betonte er jedoch, dass für eine sinn- und verantwortungsvolle Nutzung viel eigenes Orientierungswissen nötig sei, man müsse sich bei der Bildungsplanung auf einen Kanon von Basiswissen verständigen, der zunächst die unabdingbare Voraussetzung sei. „Wer nichts weiß, muss alles glauben!“ – ein Zitat der österreichischen Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach – ist aktuell wie nie. Man dürfe die KI nicht dystopisch werden lassen! Ein Hinterfragen der „Werte“ der KI ist nötig: Wer programmiert ihre Entscheidungen, wie souverän sind wir in Europa in diesem Bereich, wie verhindern wir Manipulationen? Ein ganz wichtiges Prinzip ist für Nuxoll bei Verwendung von KI im schulischen Bereich: Lernende müssen auch lernen wollen, der Weg ist das Ziel, nicht die Abkürzung – oder auch: „Be a learner, not a finisher!“

Ob KI nur ein Hype ist oder gar ein Angriff auf unser Bewusstsein, konnte an diesen zwei Tagen zwar nicht vollumfänglich geklärt werden, dennoch gingen die Teilnehmer nach einem herzlichen Dank an die beiden örtlichen Organisatoren aus dem Gymnasium Vaduz, Rahel Schönenberger und Daniel Oehry (zufällige Namensgleichheit, nicht der Bildungsminister!), mit vielen neuen Erkenntnissen und Ideen nach Hause. In zwei Jahren wird das nächste Bodenseetreffen voraussichtlich am 18./19. September in Österreich stattfinden.

(Karin Fetzner)